Die von Schachgroßmeistern entwickelten Eröffnungstheorien zu lernen und zu lehren ist die eine Sache. Der Schachklub Landau-Dingolfing hat jedoch auch den Ehrgeiz, ganz neue und eigene Wege zu kreieren. Zu diesem Zweck existiert innerhalb des Klubs eine besondere Abteilung: die Kreativabteilung. Geleitet wird sie schon seit vielen Jahren von Günter Häring. Als sein Stellvertreter agiert Bernhard Zinner.
Der Abteilungsleiter
Günter Häring gehört dem Schachklub Landau-Dingolfing schon seit vielen Jahrzehnten an. Einen Großteil dieser Zeit hat das Schachurgestein seinem überragenden Ziel gewidmet: die Entwicklung einer eigenen Eröffnung. Schon Mitte der Neunziger Jahre verblüffte er seine Vereinskammeraden mit den ersten theoretischen und praktischen Abhandlungen über diese Eröffnung, die den Namen „Maulwurf“ trägt. Die Hauptmerkmale dieser Eröffnung sind zum einen, dass sie das Zentrum zurücknimmt und an den Flügeln ausgreift und zum anderen, dass sie sowohl mit Weiß als auch mit Schwarz spielbar ist. Da es sich zugleich um eine Geheimwaffe von Günter Häring handelt, darf in diesem Artikel nicht zu viel darüber verraten werden. Das nachfolgende Bild zeigt jedoch eine typische Grundaufstellung des Maulwurfs (dieses Mal gespielt von Schwarz):

Jedem Schachexperten dürfte das gewaltige Potential dieser Eröffnung sofort auffallen. Allein schon ihr Verwirreffekt hat dem Abteilungsleiter zahlreiche Siege im Blitzschach beschert. Auch an Siege im Langschach kann sich Günter Häring nach eigenen Angaben durchaus erinnern. Da er ständig neue Verbesserungen und Varianten entdeckt, wird es auch leider noch etwas dauern, bis Günter Häring die Maulwurfenzyklopädie fertigstellen wird.
Der stellvertretende Abteilungsleiter
Vor einigen Jahren wurde Bernhard Zinner zum Stellvertreter von Günter Häring befördert. Er verfolgt allerdings einen etwas anderen wissenschaftlichen Ansatz als sein Abteilungsleiter. Er sieht seine Aufgabe darin, etablierte und traditionelle Eröffnungen in der praktischen Anwendung kreativ zu interpretieren und kritisch zu hinterfragen. Erst kürzlich wurde von der Kreativabteilung offiziell bekanntgegeben, dass Zinner die Widerlegung der Englischen Eröffnung durch eine zwingende Abfolge von bisher unbekannten Opferkombinationen gelungen ist! Als Beispiel dient die folgende Partie zwischen einem Großmeister, der unerkannt bleiben möchte (mit Weiß) und Bernhard Zinner (mit Schwarz).
Diese Partie gehört inzwischen zum Standardrepertoire der Vereinsjugendabteilung (siehe den Beitrag „Der Schachklub stellt sich vor: Teil 1 – die Jugendabteilung“). Bei einigen Jugendlichen kamen zwar inzwischen Fragen auf wie zum Beispiel:
- Hätte die Widerlegung der Englischen Eröffnung auch funktioniert, wenn Weiß im dritten Zug nicht Sf3 sondern Sc3 gespielt hätte?
- Was wäre gewesen, wenn Weiß im 16. Zug statt Dc3 den schwarzen Springer auf c5 geschlagen hätte?
Wir hätten vor Redaktionsschluss hierzu gerne einen O-Ton von Bernhard Zinner eingefangen. Bernhard Zinner ließ jedoch über seine Pressesprecherin ausrichten, dass er sich diesen Fragen momentan nicht widmen könne – er sei derzeit vollauf damit beschäftigt nachzuweisen, dass Schwarz im Angenommenen Damengambit den gewonnenen Bauern auf c4 langfristig halten könne. Eine Revolution der Theorie über das Damengambit steht also unmittelbar bevor!